Text Dominik Heißler
Lando Hass & Lucas Bäuml
Political Hectares
Der weißen Minderheit gehört das mit Abstand meiste Farmland in Südafrika. Ist das gerecht nach den Jahren des rassistischen Apartheids-Regime? Diese Frage hat das Land tief gespalten. Denn die beliebteste Antwort sind im Moment Enteignungen – ohne Entschädigung.
Ungleichheit, Rassismus und Korruption spalten die Gesellschaft Südafrikas. Fast 25 Jahre nach dem Ende der Apartheid bleiben gravierende Probleme ungelöst. Vielleicht das größte: Die Landfrage. Wer darf es bebauen, wer darf es sein Zuhause nennen?
Der Ruf nach einer radikalen Landreform wird immer lauter. Denn die weiße Minderheit, die 8,5 Prozent der Bevölkerung stellt, besitzt 73 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen. Die Weißen sind größtenteils gut ausgebildet, weniger als fünf Prozent sind arbeitslos. Dem gegenüber stehen über 28 Prozent Arbeitslosigkeit und schlechte Bildung unter Schwarzen.
Linksradikale Parteien, wie die Economic Freedom Fighter und Black Land First verlangen eine entschädigungslose Enteignung aller Farmer. Sie wollen strikte Wiedergutmachung für das Unrecht, das Schwarzen während des rassistischen Apartheid-Regimes zugefügt wurde. Auch die Regierungspartei ANC macht Landenteignung ohne Entschädigung inzwischen zum Wahlprogramm. Immer wieder kommt es zu gewaltsamen Übergriffen auf weiße Farmer und ihr Land. Die weißen Landbesitzer wiederum isolieren sich von der südafrikanischen Gesellschaft und radikalisieren sich auf ihre Weise.
Dabei sind sich eigentlich alle einig, dass Land umverteilt werden muss. Der African National Congress (ANC), die Partei, die seit den ersten freien Wahlen 1994 den Präsidenten stellt, redet davon, seit sie an der Macht ist. Die Umverteilungen laufen aber sehr schleppend: Nur zehn Prozent des Farmlandes wechselte bisher den Eigentümer. Der ANC brachte darum letztes Jahr eine mögliche Änderung des Artikels 25 der südafrikanischen Verfassung ins Spiel.
Damit sollen Enteignungen von Land ohne Entschädigungen möglich werden. Im ganzen Land diskutierten die Bürger in Anhörungen darüber. Jeder, der etwas sagen wollte, bekam dort drei Minuten Redezeit, mehrheitlich sprachen sich die Redner für die Änderung der Verfassung aus. Einige weiße Farmer sprechen in dieser Situation von „Apartheid reversed“. Sie sehen sich als Opfer einer rassistischen Politik.
Mitten hinein in diesen Konflikt sind die beiden Reporter Lando Hass und Lucas Bäuml gereist. Sie studieren Fotojournalismus in Hannover und fuhren zweieinhalb Monate durch die Region um Johannesburg und die Karoo-Wüste. Sie besuchten Anhörungen über die Verfassungsänderung, sahen schwarze Armensiedlungen, erlebten die Räumung einer Landbesetzung mit und nahmen an einer Zeremonie der rechtsextremen „Afrikaner Weerstandsbeweging“ teil: Weiße Rassisten, die sich über schwarzen Rassismus beschweren, und die den Fotografen erzählten, dass die weißen Südafrikaner die ersten Menschen am Kap waren.
Dabei entstand diese Fotoreportage.
Lando Hass wurde 1994 in Ostercappeln, Deutschland geboren und wuchs in der Schweiz auf. Seit 2016 studiert er Fotojournalismus und Dokumentarfotografie an der Hochschule Hannover.
Lucas Bäuml, geboren 1997 in Bremen, studiert seit 2016 in Hannover Fotojournalismus und Dokumentarfotografie. In 2018 war er Teilnehmer der Nikon Noor Masterclass.