Die Medienlandschaft hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Klassische Printmedien kämpfen weiterhin gegen schwindende Auflagenzahlen und suchen nach neuen Geschäftsmodellen, um in der digitalen, oder besser gesagt in der mobilen Zukunft bestehen zu können. Inmitten dieser Umwälzungen finden sich junge Fotojournalist*innen vor den großen Unsicherheiten eines Lebens als Freiberufler wieder: schlechte Honorare, verschwindend geringe Chancen auf eine Festanstellung, enormer Konkurrenzdruck. Hinzu kommt die schnelle technologische Entwicklung, welche auch die Anforderungen an das Berufsbild ständig verändern. Zunehmend erwarten Redaktionen, dass Fotojournalist*innen über die reine Fotografie hinaus auch multimediale Inhalte (Video, 360°, Drohnen, VR, Audio) liefern und textliche Elemente beisteuern oder etwa ein Interview mit einem Protagonisten führen können.
Der moderne Fotojournalismus entwickelt sich in eine noch komplexere Form: Visual Journalism. Hierbei ist es selbstverständlich, dass Fotojournalismus, Videojournalismus, Dokumentarfilm und interaktives Storytelling im Web sich zunehmend überschneiden. Es entstehen neue visuelle Reportageformate, die vor allem über digitale Kanäle gestreut werden.
Neue Wege
Während einige noch immer wehmütig zurückblicken auf die „goldenen Zeiten“, in denen man mit journalistischer Fotografie noch gutes Geld verdienen konnte und teils für Wochen von Redaktionen losgeschickt wurde, schaut die junge Generation nach vorne: Sie begrüßt ausdrücklich die neuen Storytelling-Möglichkeiten und sucht sich neue Wege, um ihre Geschichten zu finanzieren und schließlich in einem noch immer sehr unübersichtlichen Feld zu vermarkten.
Sie tun dies mit einer beeindruckenden Überzeugung, unendlich viel Energie, Optimismus und mit großem Mut. Und sie sind besser ausgebildet als je zuvor. Die zunehmend journalistisch-fundierte Ausbildung sorgt dafür, dass die junge Generation mehr will als starke Bilder – sie wollen starke Geschichten.
Mit den Entwicklungen der letzten Jahre gehen aber auch ständige Herausforderungen und eine große Verantwortung einher. Fotojournalist*innen sollten sich zu journalistischen Grundsätzen verpflichten, sie müssen sorgfältig arbeiten und sich immer darüber bewusst sein, dass sie mit ihren Bildern auch Personen schaden können. Einzelne Fotografien bilden immer nur einen Teil der Realität ab. Es ist leicht die Realität zu verzerren. Die Verantwortung liegt natürlich ebenfalls zu einem großen Teil bei den Publikationen und ihrem Umgang mit dem von Fotojournalist*innen produzierten Material. Auch der Fotojournalismus kämpft in Zeiten von “Fake News” und “Alternative Facts” um seine Glaubwürdigkeit.
Überzeugung und Haltung
Trotz aller Schwierigkeiten sind wir überzeugt, dass junger Fotojournalismus unglaublich lebendig ist und die zeitgenössischen Arbeiten mitunter stärker sind als je zuvor. Die freien Arbeiten, welche heutzutage entstehen, brauchen oft Wochen, Monate, manchmal Jahre und entwickeln dabei eine Kraft und Tiefe, mit der sie sich erfolgreich von der alltäglichen Bilderflut absetzen können. Doch kaum eine Redaktion verfügt aktuell über die Ressourcen, um solche langfristigen Projekte zu finanzieren. De facto müssen Fotojournalist*innen also häufig in Vorleistung gehen und ihre Vorhaben erstmal selbst finanzieren: immer mit der Unsicherheit, ob sie ihre Geschichten anschließend überhaupt vermarkten und veröffentlichen können.
Im Idealfall können sie sich durch andere journalistische Fotojobs, aber auch durch Porträt-, Corporate-, Event- oder sogar Hochzeitsfotografie, oder eben doch durch weitere berufliche Standbeine querfinanzieren. Auch neue Wege wie Crowdfunding können der Finanzierung aufwendiger Projekte dienen. Das ein oder andere Stipendium wie z.B. VG-Bildkunst und seriöse Wettbewerbe gibt es glücklicherweise auch noch – leider nur viel zu wenige.
Den jungen Fotojournalist*innen gilt eine ordentliche Portion Anerkennung und Respekt, denn sie leisten einen wichtigen Beitrag zum öffentlichen Diskurs, und das nicht primär für Geld, sondern aus Überzeugung und stets mit der Haltung, die Missstände auf dieser Welt nicht einfach hinnehmen zu wollen. Gerade wenn sie Geschichten erzählen PuTTY localhost , die abseits des Medienrummels stattfinden und eine differenzierte, menschliche Sicht auf Themen ermöglichen, tun sie der Gesellschaft einen unschätzbaren Dienst.
2010 haben wir emerge ins Leben gerufen. Wir wollten es nicht hinnehmen, dass wunderbare und so wichtige visuelle Geschichten aufgrund schwindender Veröffentlichungsoptionen in der Schublade landen und nicht gesehen werden.
Aber wir möchten nicht nur großartige Geschichten präsentieren, wir wollen sie mindestens finanziell honorieren und zunehmend auch in der Entstehung finanzieren, doch dafür brauchen wir eure Unterstützung.
Herzlichen Dank!