Agnes Stuber

Pauli

Trotz Urbanisierung und modernem Stadtleben haben viele Schweden einen besonderen Bezug zur Natur. Pauli hat diesem Drang nachgegeben: Ein Leben in Stille im Einklang mit der Natur.

Innerhalb der Europäischen Union ist Schweden das Land, welches sich am schnellsten urbanisiert. Mehr als vier von fünf Menschen leben in größeren Gemeinschaften. Die Großstädte wachsen rapide. Die Menschen verlassen die kleineren Städte und Dörfer, welche sich zusehends auflösen. Und sie verlassen den Wald, der mehr als die Hälfte des Landes bedeckt. Für die Zurückgebliebenen wird die Situation härter, denn mit den Menschen verschwinden auch die Unternehmen, die Schulen und die Apotheken.

Trotz der Urbanisierung bleibt ein Verlangen nach der Ruhe der Natur. Der Wald hat etwas existenzielles. Dank dem schwedischen allemansrätten (zu deutsch: Jedermannsrecht) hat jede und jeder das Recht, sich frei in der Natur zu bewegen.

Fereshteh Ahmadi, Professorin für Soziologie an der Hochschule Gävle, hat herausgefunden, dass der überwiegende Großteil der an Krebs erkrankten Schweden Trost und Kraft in der Natur suchen. Nur ein sehr geringer Anteil hingegen wendet sich religiösen oder spirituellen Praxen zu. Dies verdeutlicht die immense Rolle, welche die Natur für Schweden einnimmt – trotz voranschreitender Urbanisierung.

Doch trotz alledem bewegen sich die Schweden langsam weg vom Wald. Zunehmender Kahlschlag stellt ein ernstes Problem dar.

Pauli Rönnblom lebt im Stockholmer Schärengarten auf der Insel Ingarö – ein Ort der in den letzten Jahren zusehends gentrifiziert wurde. Mehr und mehr Mittelklasse-Familien zieht es in die authentischen Häuser der Insel. Am abgelegeneren Ende der Insel – wo Pauli lebt – verblieb die Natur nahezu unberührt. Hier herrscht die Ruhe. Hand in Hand mit der Kraft des Waldes.

Pauli verbringt den Großteil seiner Zeit draußen in der Natur. Manchmal geht er runter an die See oder unternimmt lange Spaziergänge. Sein Haus hat er größtenteils selbst gebaut. Drinnen läuft beständig das Radio. Während seiner Nachmittagspausen  sitzt er vor seinem Holzofen und genießt sein Zimt-Gebäck.

Es ist ein friedvolles Leben – genauso, wie er es sich ausgesucht hat. Abseits vom Stress der Stadt.

Agnes Stuber ist freie Fotografin und wohnhaft in Stockholm. Nach ihrer journalistischen Ausbildung an der Tollare Folkhögskola lernte sie Fotojournalismus an der Nordens Fotoskola in Biskops-Arnö. Seit ihrem Abschluss 2015 arbeitet sie freiberuflich und war unter anderem Teilnehmerin beim 5. Lumix Fotofestival für jungen Fotojournalismus

www.stuber.se

Agnes Stubers Ästhetik der Stille
Die Digitalisierung hat unseren Umgang mit Bildern entschieden verändert. Die Frage nach einer Ästhetik des Digitalen drängt sich auf. Unsere Autorin Alexandra Horn hat Agnes Stuber’s Arbeit analysiert. Zu lesen auf dem Hatje Cantz Fotoblog